psalm63 1

Oblationsfeier

Ansprache von Abt Friedhelm zur Oblationsfeier am 12. Januar 2014

Lesung aus dem Prolog zur Regel des heiligen Benedikt, Verse 8-11:

Stehen wir also endlich einmal auf! Die Schrift rüttelt uns wach und ruft: „Die Stunde ist da, vom Schlaf aufzustehen.“ (Röm 13,11)·Öffnen wir unsere Augen dem göttlichen Licht, und hören wir mit aufgeschrecktem Ohr, wozu uns die Stimme Gottes täglich mahnt und aufruft. „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht!“ Und wiederum: „Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist der Gemeinden sagt!“

Liebe Schwestern und Brüder,

seit alters her wird zwischen der Mönchsprofess und der Taufe eine Parallele gezogen. Das gilt, so meine ich, auch für die Oblation: Oblation als Bekräftigung des Taufversprechens, das damals unsere Eltern und Paten für uns abgelegt haben.

Die Kirche feiert heute das Fest der Taufe Jesu. Bei der Taufe kam eine Stimme vom Himmel die sagte: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.“ Diese Stimme sprach auch bei unserer Taufe, diese Stimme spricht heute: „Das sind meine geliebten Töchter, an denen
ich Gefallen gefunden habe.“

„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet euer Herz nicht“ – dieses Psalmwort hörten wir soeben aus dem Prolog zur Regel des heiligen Benedikt. Heute – jeden Tag aufs neue Gottes Stimme hören, sein Wort hören, auf seine Weisungen, Zumutungen und Verheißungen eingehen. Das ist eine Lebensaufgabe für Mönche, Oblaten, alle Christen. Mit der Oblation wird diese Verpflichtung noch einmal bewusst gehört und angenommen, damit ER, Jesus Christus, in unserem Alltag immer mehr Raum gewinnt.

Die Stimme, die wir hören, ist die Stimme Jesu Christi, „materialisiert“ im Wort der Heiligen Schrift: „Die Schrift rüttelt uns wach und ruft“, so hörten wir soeben aus dem Prolog. Es ist notwendig, dass wir uns immer neu aus unserem Alltagstrott erheben. Wir möchten es gerne sicher haben, manchmal auch gemütlich und wollen nichts Neues zulassen. Es soll bleiben wie es ist. Damit soll vermeintliche Sicherheit gegeben sein. Das ist nicht die Haltung Jesu. Wer nichts Neues wagt erstarrt, der schläft und stirbt bei lebendigem Leib! Sich wach rütteln lassen, täglich aufstehen und auferstehen, täglich Ostern feiern.

Wer sich immer neu auf- und wachrütteln lässt, der öffnet seine Augen dem göttlichen Licht, der kann den Himmel offen sehen, wie es bei der Taufe Jesu geschah. Himmlisches, göttliches will in unser Leben eintreten. Lassen wir es zu? Der Weg des Glaubens ist eingefährlicher Weg, von dem wir nicht wissen, wohin er uns führen will. „Lass es nur zu“ sagte Jesus zum Täufer Johannes, der nichts davon wissen wollte, dass Jesus zu ihm zur Umkehrtaufe kam. „Lass es nur zu“ sollte unsere Haltung werden im Umgang mit der Schrift, die zu uns spricht, im Umgang mit dem, was Gott uns verheißt, gibt und auch zumutet. Wer zulassen kann, kann in die Haltung der Gelassenheit hinein wachsen. Und in allen Schwierigkeiten des Lebens kann er sehen und bisweilen erfahren: Der Himmel ist offen und ich darf göttliches Licht schauen.

Sie haben sich als Christinnen erneut auf den Weg gemacht bewusst zu hören, zu verstehen, zu gehen. Ich wünsche Ihnen Gottes Segen auf Ihrem Weg als Oblatinnen unseres Klosters, damit Sie unter Seinem Schutz Ihre Wege gehen können.

Abt Friedhelm Tissen OSB
2014-01-12