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Ein Presseorgan fragt nach

Ein Presseorgan fragt nach

Oblaten

An die „Vereinigung der deutschen Ordensoberen“ (VDO) richtete die Monatspublikation „Die andere Welt“ Ende September 2004 eine Reihe von Fragen zum Thema „Oblaten“.

Hintergrund der Fragen war eine ARD-Dokumentation über Sexualität in der Kirche einige Wochen zuvor. Als Gewährsmann wurde ein Herr interviewt, der sich u.a. als Benediktiner ausgab bzw. vorgestellt wurde. In einem nachfragenden Telefonat des Speyrer Generalvikariats bei dem Gewährsmann, bezeichnete er sich als Oblate einer bayerischen Abtei. Da weder das stimmte noch andere gewichtigere Angaben zu seinem kirchlichen Background ist das Bistum Speyer bei der ARD vorstellig geworden und hat schließlich auch Strafantrag gegen den Gewährsmann der ARD gestellt. Die genannte Monatsschrift recherchiert zu dem Fall.

Die Anfrage an die VDO wurde von dort nach telefonischer Vorabsprache an mich als derzeitigen Vorsitzenden der „Arbeitsgemeinschaft Benediktineroblaten im deutschen Sprachraum“ mit der Bitte um Beantwortung weitergeleitet. Die Fragen sind m.E. gut, - vor allem sind sie konkret.

Da ich die Fragen für gut halte und die Fülle der Fragen mich zur kurzen Antwort zwang, kann beides vielleicht insgesamt als eine erste Information über das Oblatentum in unserem Orden dienen.

Abt Albert Altenähr OSB
2004-10-01

1. Was ist ein Oblate?
Oblaten sind im Bereich des Benediktinerordens Christen, die in der Welt leben, sich aber in besonderer Weise vom Geist des Ordensgründers Benedikt angezogen fühlen und ihn in enger Anbindung an ein ganz konkretes Kloster in ihr Alltagsleben hinein übersetzen wollen.

2. Wer kann Oblate werden? Was sind die Voraussetzungen?
Jeder Christ kann Oblate werden. Voraussetzung ist eine Sehnsucht nach spiritueller Vertiefung und die Bereitschaft, sich in einem Versprechen an den benediktinischen Weg eines konkreten Klosters verantwortlich zu binden. De facto wird der Weg zur Oblation ein Weg wachsender Verbundenheit mit einem Kloster sein, der sich über einen längeren oder gar langen Zeitraum hinzieht. In dieser Zeit werden sich die notwendigen Klärungen, ob eine Oblation vielleicht der geistliche Weg für die Zukunft sein könnte, fast natürlicherweise ergeben.

3. Durch wen erfolgt eine Oblation?
Die Entgegennahme des Oblationsversprechens geschieht in der Regel durch den Abt / die Äbtissin des jeweiligen Klosters. Gegebenenfalls wird die Entgegennahme der Oblation an den sog. Oblatenrektor / die Oblatenrektorin delegiert. Der Oblatenrektor / die Oblatenrektorin ist die vom Abt / der Äbtissin mit der regelmäßigen Begleitung der Oblaten beauftragte Mitbruder / Mitschwester.

4. Gibt es eine sogenannte "Ausbildung" zum Oblaten? Falls ja, wie sieht diese aus, die konkreten Inhalte?
Eine „Ausbildung zum Oblaten“ gibt es sicher nicht. Etwas anderes ist die spirituelle Weiterbildung des Oblaten. - Vor der Ablegung des Oblationsversprechens ist eine mindestens einjährige Probe- und Prüfungszeit vorgesehen. In ihr nimmt der Aspirant an den Treffen der Oblatengemeinschaft seines Klosters teil. Inhalte einer individuellen Weiterbildung ergeben sich z.T. aus den persönlichen Begleitgesprächen mit dem Oblatenrektor. Normal ist eine vertiefende Hinführung zur Heiligen Schrift, besonders den Psalmen, und zur Regel Benedikts.

5. Welcher Religionszugehörigkeit muss der Oblate angehören?
Die Oblation setzt das Christsein voraus. In etlichen Klöstern ist die Entwicklung inzwischen dahin gegangen, dass die Konfessionszugehörigkeit keine Rolle mehr spielt.

6. Kann ein Oblate gleichzeitig Oblate in zwei verschiedenen Klöstern sein?
Der Oblate bindet sich an ein Kloster. Die Entscheidung für dieses Kloster und seine Interpretation des Benediktinischen ist Schritt zur konkreten Verbindlichkeit. Es ist nicht sinnvoll, überall „herumzugeisten“, ohne sich irgendwo zu beheimaten.

7. Was bedeutet 1., 2., 3. Orden und zu welchem Orden gehören die Oblaten?
Die Unterscheidung 1., 2., 3. Orden taucht m.W. erstmals durch Franziskus in der Ordensgeschichte auf. Er schrieb eine Regel für Ordensmänner, eine für Ordensfrauen und eine dritte für Menschen, die sich ihm anschlossen, aber,  z.B. weil sie verheiratet waren, nicht in einen Orden eintreten wollten/konnten. Die heilige Elisabeth von Thüringen lebte beispielsweise als „Franziskaner-Tertiarin“.

Da der Benediktinerorden nur eine Regel kennt, kann man die Oblaten theologisch und spirituell nicht in diese Dreierkategorie einordnen. Kirchenrechtlich ist es so, dass die Aussagen über die „dritten Orden“ auf die benediktinischen Oblaten angewandt werden.

8. Dürfen Oblaten kirchliche Handlungen, wie z. B. Kommunion, Gottesdienste durchführen?
Diese Aufgaben haben nichts mit dem Oblatentum zu tun. Für sie bedarf es eine besondere kirchliche Hinführung und Beauftragung, für die der jeweilige Ortsbischof zuständig ist. Dass auch Oblaten diese Beauftragung erhalten können, versteht sich von selbst, aber sie ist unabhängig von der Frage nach dem Oblatentum.

9. Dürfen Oblaten kirchliche Symbole, wie z. B. eine Stola, tragen?
Oblaten dürfen insoweit kirchliche Symbole tragen, wie das jeder Christ kann. Zeichen, die an ein kirchliches Amt gebunden sind, wie die von Ihnen genannte Stola, sind an dieses Amt gebunden. Insofern dürfen die Oblaten sie als Oblaten nicht tragen.

10. Wie sieht die Oblation aus?
Die Oblation geschieht in einer klösterlichen Feier, in der ein eigenhändig geschriebenes Versprechen verlesen und vom Abt angenommen wird. Einzelheiten der Feier können durchaus variieren. Die verlesene Urkunde wird durchwegs vom Abt gegenzeichnet und gesiegelt und im Archiv des Klosters aufbewahrt.

11. Bekommen Oblaten Nachweise ihrer Oblation? Falls ja, in welcher Form?
Heute werden die Oblaten wahrscheinlich überall eine Fotokopie der gerade genannten Urkunde erhalten. Hinsichtlich weiterer schriftlicher „Nachweise“ gibt es unterschiedliche Usanzen.

12. Können Oblaten an Treffen von Oblaten anderer Klöster oder Abteien teilnehmen? Falls ja, sind sie da Gast oder schon Angehöriger des besuchten Klosters oder Abtei?
Da manchmal durchaus weite Entfernungen der Oblaten zu ihren Anbindungsklöstern zu überwinden sind, ist es nicht ungewöhnlich, wenn ein Oblate sich häufiger in ein näher gelegenes Kloster begibt. Er bliebt aber Oblate „seines“ Klosters. In dem anderen Kloster und seiner Oblatengemeinschaft ist er Gast.

13. Kann die Oblation entzogen werden? Falls ja, unter welchen Voraussetzungen? Wo wird dies vermerkt?
Ein Oblate kann sich seinem einmal eingegangenen Versprechen entfremden. Es gibt also den „stillen Tod“ des Oblationsversprechens, den seine Oblations-Abtei meist durch den geringer und geringer werdenden Kontakt bemerkt. – Klare Entlassregeln aus der Oblation seitens des Klosters hat man in der Vergangenheit durchwegs für überflüssig gehalten. Die Arbeitsgemeinschaft der Benediktineroblaten empfiehlt heute, eine jährliche Oblationsbestätigung durch den Oblaten, deren Form in den lokalen Usanzen geregelt werden kann. Wenn er diese Bestätigung seines Versprechens nicht gibt, würde das als geschwundenes Interesse am Oblatentum verstanden und der betreffende Oblate aus dem Verzeichnis der Oblaten gestrichen.

14. Leben Oblaten im Kloster, der Abtei?
Die Oblaten, über die ich im Bisherigen gesprochen habe, leben nicht im Kloster. Es gibt allerdings auch Christen, die sich so eng an ein Kloster anschließen wollen, dass sie mit und in der Klostergemeinschaft leben möchten. Ihre kirchenrechtlichen Verpflichtungen und Rechte werden in den Konstitutionen der einzelnen benediktinischen Kongregationen geregelt. Mit diesen sog. Klaustral- oder Regular-Oblaten werden zivilrechtliche Verträge geschlossen, die die beiderseitigen Verpflichtungen und Einlassungen auch vor dem Zivilrecht klären. Die Zahl dieser Klaustraloblaten ist in Deutschland sehr gering.