Zu Psalm 70,2
„O Gott, komm mir zu Hilfe …“
Das Stundengebet der Mönche beginnt untertags immer mit dem Wort des Vorbeters „O Gott, komm mir zu Hilfe.“ Die Chorgemeinschaft respondiert mit derselben, nur im Wortlaut leicht variierten Bitte: „Herr, eile mir zu helfen“ (Ps 70,2).
Der Tag hatte mit einer längeren Gebetszeit begonnen, - seine normalen Geschäfte setzten ein, - fordern unsere Konzentration, - lenken unser Denken in ihre Richtung und scheinen uns wegzuführen vom „Eigentlichen“ und Grund, auf dem wir stehen, - von dem wir ausgegangen sind und zu dem wir hinstreben möchten. Gott kann durch das Alltägliche und im Alltäglichen sehr schnell aus dem Blick geraten und ich fühle mich auf mich allein gestellt.
Die Tagzeiten des Stundengebets, - das „Zwischendurch-Gebet“ können und wollen – fast buchstäblich - Stütz-Punkt sein, dass der gute Tagesanfang mit Gott nicht im Lauf der Alltäglichkeitsdinge abstürzt.
Manchmal fühle ich mich einfach nur getrieben, fremd-bestimmt von An-sprüchen und Sachzwängen, dass ich mir selbst nicht mehr nachkomme. Da ist es gut, durch das Zwischendurch-Gebet sich selbst ein Pausenzeichen zu setzen, um sich zum Wesentlichen durchzuatmen: „O Gott, komm mir zu Hilfe. Herr, eile mir zu helfen.“ Der gehetzte Mensch braucht Ruhezeiten, damit seine Seele Gelegenheit hat, ihn wieder einzuholen.
„O Gott, … auch das noch!“ schießt es mir gelegentlich durch den Kopf, wenn wieder etwas Neues, - zumal etwas Ungelegenes und Unangenehmes plötzlich vor mir steht. „O Gott, komm mir zu Hilfe …“ wäre eine positivere Fortführung des gestöhnten „O Gott, …“. Diese andere Formulierung gibt mir eine positive Einstellung zu dem „Überfall“ des Unvorhergesehenen. Ich stehe nicht allein. Ich rufe Gott als Begleiter in meine Situation hinein. Mit der Hilfe an meiner Seite geht auch scheinbar Unmögliches.
Ich habe einmal jemandem geraten, nicht immer „Sch…“ zu murmeln, wenn etwas schief gelaufen sei. „O Gott, komm mir zu Hilfe“ sei doch eine viel bessere Formulierung. In den Wochen darauf flutschte ihm sein „klassisches“ Wort durchaus immer wieder auf die Lippen, aber oft genug sah er zu mir herüber, grinste und korrigierte „O Gott, komm mir zu Hilfe.“
Kleine Brücken brauchen feste Brückenauflagen an ihren beiden Köpfen. Große Brücken brauchen Zwischendurch-Pfeiler zur Stütze oder Pylonen als Aufhänger-Punkte. Stimmt die Statik, ist immer wieder die Frage. Stimmt die Statik unseres Innenlebens? „O Gott, komm mir zu Hilfe.“
Albert Altenähr OSB
2003-01-16