„An jenem Tag ...“
Die Weihnachtspredigt des Advents
Jesaja ist der Prophet, der mit seinen Messiasvisionen meinen Advent wesentlich bestimmt. Mit kritischem Blick auf den Untergang des Nordreiches Israel durch die Assyrer und auf die Situation des Südreiches Juda mit Jerusalem, „denkt“ er die Zukunft. In diesen Gedanken hat er den Gott Jahwe auf der Rechnung -, ja, er denkt die Zukunft des Volkes von diesem Gott her. Seine Visionen schauen in die Ferne, aber sie zielen auf die Gegenwart. Insofern sind sie sehr konkrete Politik für das Heute.
Mich frappiert immer wieder neu, wie oft das Buch Jesaja die Formel „an jenen Tag ...“ gebraucht, - insgesamt 44 mal, in manchen Abschnitten kurz hintereinander mehrmals.
„An jenem Tag ...“ - das ist die Zuspitzung einer negativen Entwicklung, deren vernichtende Sprengkraft schon im Heute präsent ist, ohne dass sie zur Zündung kommt. Aber der Prophet ist sich sicher, dass es nicht einfach „immer so weiter“ geht. Das „Et hat noch immer jot jejange“ ist eine trügerische Sicherheit. So geht die Zukunft nicht. Jesaja warnt vor der „langen Bank“ der Gleich-Gültigkeit von allem und jedem und der bequemen Nicht-Entscheidungen. Der „Tag“ ist das Platzen der aufgeblasenen Selbstsicherheit. Er ist der „Tag des Herrn“, weil alles (Hin-)Fällige fällt, und nur das Eine, bzw. der Eine stehen bleibt / (Be-)Stand hat.
„An jenem Tag ...“ - das ist auf der anderen Seite das Neue und nicht zu überbietende End-Gültige, … die alle Knoten lösende Erlösung ..., der Glanz, Herrlichkeit und Fülle, … die lichtdurchflutete Weih-Nacht nach der FinsterNacht. Es ist der Umbruch von der Dürre zu sprudelnden Brunnenquellen, … der krummen Stolperwege zur geraden, ebenen Königsstraße, … der kargen Hungernahrung zum Festmahl auf der Gipfelhöhe des Gottesberges.
Jesaja verstärkt das Narrativ von „jenem Tag“, durch das in seinem Prophetenbuch immer wiederkehrende „ S e h t , ...“ Mir will er geradezu als d e r Visionär der Gotteszukunft Israels schlechthin erscheinen. Für mich eine besonders starke Ansage ist Jes 40,9: „Steig auf einen hohen Berg, Zion, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme mit Macht, Jerusalem, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme, fürchte dich nicht! Sag den Städten in Juda: Seht, da ist euer Gott.” Kürzer geht es wohl nicht: “ S e h t , d a ist euer Gott.”
Dass dieser Prophet als Erzähler in den Advent passt– zumal wie er sich unserer Vorausfreude eingeprägt hat -, ist wohl leicht nachzuempfinden. Jesajas Bilder “jenes Tages” machen die Kinderaugen des Glaubens sehnsüchtig leuchten. Sie schenken einen Schlüsselloch-Blick in das himmlische Weihnachtszimmer.
Gebe ich mit diesem letzten Gedanken den Kirchen- und Glaubenskritikern nicht eine Steilvorlage? … Weihnachten, … Geburt des Gotteskindes, … Glaube überhaupt – “Kinderzeug!”, aus dem man ins erwachsene, vernünftige, richtige Leben hinauswächst!?
Ich trau mich, den Spieß umzudrehen mit einer Umformulierung eines mir gängigen Wortes. Wir werden alle als Originale geboren; viel zu viele enden aber als Kopien. Meine Umformulierung: Wir werden alle als Kinder geboren, nicht wenige sterben erst als schon längst Tote, weil sie das Kind in sich auf dem Lebensweg irgendwie und irgendwo verloren haben.
Ich wünsche Ihnen das Kind in sich, das sich k i n d i s c h mit Jesaja und dem Kind von Betlehem auf das freut, was “jener Tag” bringt.
… und “jener Tag”, das ist kein Kalender-Datum, das sich als eine Zahlenreihe präsentiert, sondern es ist ein G o t t e s - Datum, d.h. buchstäblich übersetzt: eine zeit-ungebundene Gabe, ein Geschenk Gottes. … und das kann jederzeit passieren, … also auch genau jetzt.
“Jener Tag“ sprengt die Grenzen des Tagesheute in un-endliche Immanenz und Transzendenz.
Faszinierende Botschaft: Geh schwanger mit „jenem Tag“. Sei gespannt, was dabei rauskommt.
Albert Altenähr
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