Advent 2003
Geburtswehen zur Weihnacht
Der Weg nach Betlehem, dem Ort der Weihnacht, ist gepflastert mit schwerer Erinnerung.
Jakobs, des Patriarchen und des Volkes Israel Vater, Lieblingsfrau Rahel konnte ihn nicht zu Ende gehen. Sie gebar ihren zweiten Sohn um den Preis ihres Lebens, bevor sie Betlehem erreichte. Ihr Grabdenkmal ruft seit Jahrhunderten den Pilgern ihre schweren Stunden ins Bewusstsein. „Nur ein kleines Stück Weg war es noch bis Efrata, als Rahel gebar. Sie hatte eine schwere Geburt. Als Rahel gestorben war, begrub man sie an der Straße nach Efrata, das jetzt Betlehem heißt. Jakob errichtete ein Steinmal über ihrem Grab. Das ist das Grabmal Rahels bis auf den heutigen Tag“ (Gen 35,16.19f).
Nicht weit vom Rahel-Grab verehrten die christlichen Pilger die Stelle, an der Josef und Maria auf dem Weg nach Betlehem ein letztes Mal rasteten. Sie sorgen sich um ein Quartier in der Stadt Davids. Sie finden keines und das Feld wird der Ort der Niederkunft Mariens, der Ort der Geburt Jesu. „Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf“, wird das Johannesevangelium später sagen (Joh 1,15).
Mir ist das Rahel-Grab als Checkpoint in der Pilger-Erinnerung. Hier ist eines der Nadelöhre, durch das man von israelischem in palästinensisches Gebiet hindurch muss. Hier flogen Steine und fielen Schüsse zwischen den verfeindeten Parteien.
Mir kommt noch einmal der Patriarch Jakob in den Sinn. Er steht am Fluss Jabbok und traut sich nicht, seine Furt zu durchschreiten (Gen 23). Das andere Ufer, das Land der Heimat liegt vor ihm. Aber er muss sich durch die Nacht in ihm durchringen, bevor die Sonne über ihn aufgehen wird. Es ist eine lange und eine mutige Nacht für Jakob. Er ringt mit sich und mit Gott. „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Und er gewinnt sich selbst und seinen Gott.
Werden wir Weihnachten gerecht, wenn wir es „schön“ reden, - färben, - feiern, uns aber seiner Herausforderung nicht stellen? Weihnachten ist dann ein Fest, wenn wir es nicht herunterfeiern, sondern wenn wir uns zu ihm durchringen und uns in neue Geburt hineintrauen. Das göttliche Kind will in uns geboren werden.
Abt Albert Altenähr OSB
Advent 2003