Abgeschlossen, geheimnisumwoben, erwartungsgeschwängert
Weihnachtstür und Osterstein
An Heiligabend war das Weihnachtszimmer ein verbotener Raum: abgeschlossen, geheimnisumwoben und erwartungsgeschwängert. Der Blick durchs Schlüsselloch erhaschte vielleicht ein wenig Lamettageglitzer, aber die Tür war zu. Erst das Christkind würde sie öffnen.
Am Ostermorgen liegt ein großer Stein vor dem Grab. Die Frauen wissen, was hinter dem Stein ist. Sie wollen trotzdem hinein. Wer wird den Stein beiseite rollen?
Dem Kind an Heiligabend sind Geschenke versprochen, die seine Augen leuchten lassen werden. Es wird bis in den späten Abend, - bis in die Nacht hinein spielen und sie mit dem Licht der Freude erleben. Und wenn es Zeit ist, schlafen zu gehen, wird es betteln „Noch ein bisschen …“ und noch einmal: „Ein bisschen noch …“
Den Frauen spricht Trauer aus ihren Schritten und Augen. Sie werden aus dem dunklen Grab in das Dunkel der Tage ohne den Herrn zurückkehren. Es ist alles so nicht-enden-wollend traurig.
Die Weihnachtstür und der Osterstein erscheinen wirklich sehr verschieden. An der einen steht „Erwartungsfreude“, an der anderen „Abschiedstrauer“. Die eine möchte man so schnell wie möglich öffnen, die andere am liebsten gar nicht sehen.
Für beide Türen brauchen wir einen Schlüssel. Er muss mehr aufschließen als das, was wir erwarten oder trauern. Es ist ein und derselbe Schlüssel, der beide Türen aufschließt. „Verschlossen ist das Tor, bis der Heiland tritt hervor“, heißt es in adventlicher Erwartung. Ist aber das nicht auch genau die Botschaft von Ostern: der Heiland tritt hervor?
Wenn hinter der Weihnachtstür und den Geschenken nicht der neugeborene König der Zeit und Ewigkeit hervortritt, dann verkommt Weihnachten zur Konsumwüste ohne Brunnen.
Wenn hinter dem Osterstein und dem Menschentod nicht der Auferstandene lebt, dann ist jeder Sonnenaufgang nur der Anfang der unendlichen Nacht des Nichts.
Wir suchen den neugeborenen König und wollen ihm huldigen.
Wir glauben den auferstandenen Christus und sind voller Zuversicht.
Abt Albert Altenähr OSB
Passionssonntag 2006
2006-04-02