„Ich bin die Frage ...“
- zum Evangelium des 12. So i.J. C; Lk 9,18-24 -
Ihr aber, für wen haltet ihr mich?
Petrus antwortete mit dem Brustton des Wissens: Du bist der Messias, der Christus Gottes.
Jesus schaute ihn an: Du kennst deine Bibel, Petrus, hast deinen Katechismus gut gelernt, aber hast du verstanden, was du da so selbstbewusst aussprichst.
Petrus war ganz verdattert. Was will der Meister denn mehr als diese doch so absolut richtige Antwort?
Und sie zogen weiter und kamen zum historischen Jahrmarkt in Kornelimünster. Jesus stellte sich mitten auf den Markt und hielt die Frage hoch „Für wen haltet ihr mich“. Die Jünger fingen die Antworten der Leute ein, die sich über den Jahrmarkt drängten.
Den kenn ich. Das ist doch der, der in so vielen Museen an den Wänden hängt. Einer von gestern. So aus Omas Zeiten.
Ja, ja, der sich in den prachtvollen Kirchbauten und in allerlei Bohei versteckt und die Leute von den Kanzeln herunter und mit Papieren langweilt.
Ach der mit der schon peinlich dürren Straßendemo an Fronleichnam. Der lockt doch keinen mehr an einem arbeitsfreien Tag so früh aus dem Bett.
Na ja, eigentlich ist er mir ja egal, aber für eine festliche Hochzeit in weiß und eine anständige Beerdigung kann man ihn schon gebrauchen. Die Kirchensteuer ist da dann doch irgendwie eine ganz nützliche Rückversicherung.
… und irgendwie ist er auch so was wie ein Biosiegel für Brot, Käse, Wein und Bier. Schreib „Kloster-“ davor und der Laden läuft und das Geschäft brummt.
Und dann waren natürlich auch etliche, die schlicht und einfach abwehrten: Der nervt!
Petrus schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Meister, wohin sind wir gekommen! Kehren wir um in die gute alte Zeit, als alles noch klar und einfach war.“
Ganz versonnen, als ob er das Entsetzen des Petrus gar nicht wahrgenommen hätte, sagte Jesus: „Petrus, schlag doch mal die Bibel auf, wo Johannes mich zitiert ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben‘ (Joh 14,6). Vielleicht sollte ich da schreiben: ‚Ich bin der Weg, die Frage und das Leben‘.
Als Johannes meine Worte niederschrieb, war ‚die Wahrheit‘ etwas pulsierend Lebendiges, heute ist sie eher etwas Gefesseltes, ein versteinerter Buchstabe. Solche Wahrheit ist ganz schnell ein Stein, mit dem sich die Menschen gegenseitig die Köpfe einschlagen.
‚Ich bin die Frage ...‘ Ja, das hat was. Ich bin die nervige Frage danach, ob du aus einer Mitte heraus lebst, oder ob das Wetterfähnchen dein Lebensgötze ist.
Petrus, die ‚Frage‘ ist die Schwester des Weges. Das ‚Leben‘, das ist die Antwort des Himmels.
Ja, Petrus, verirr dich nicht in zu schnelle Antworten. Du bist noch auf dem Weg, und noch nicht im Himmel.“
„Meister, du nervst“, sagte Petrus. „Und das ist gut so“, antwortete Jesus. Und beide gingen schweigend weiter, - sinnend der eine, stolpernd der andere.
Albert Altenähr
2019-06-23
(Nachschrift {bearbeitet] der Tagespredigt)