Das Weihnachtsevangelium
Eine Adventsgeschichte
aus dem Corona-Advent
Als der Herr des Himmels und der Erde die Nachricht in der ErdenZeitung las „Weihnachten findet nicht statt“, rief er Gabriel, den Erzbotschafter, zum Rapport.
„Was ist los da unten? Was soll das heißen:‘Weihnachten findet nicht statt‘? Ich versteh die Welt nicht mehr. … Weihnachten findet nicht statt … Was soll denn dieser Schwachsinn?“
„Herr,“ sagte der große Bote Gabriel, „die Menschen machen sich Sorgen. Über die ganze Erde faucht der Corona-Drache seinen Feueratem. Er greift zuhauf nach der Gesundheit, - ja, nach dem Leben der Menschen, und je mehr sie sich schützen wollen, desto stärker giftet er sich über ihre Existenzgrundlagen und ihre Lebensgewohnheiten hin. Und vor der Weihnachtszeit macht er nicht halt. 2020 ist einfach eine schwierige Zeit.“
Als sich der Alte Herr ein wenig beruhigt hatte, blinzelte er den Gabriel-Engel – und der wunderte sich nicht wenig - recht verschmitzt an.
„Lassen wir es einfach einmal zu: ‚Weihnachten findet nicht statt, … das „Weihnachten“, das die Menschen im Lauf der Jahrhunderte aus meinem Weihnachten gemacht haben.
Christkindl-Markt und -Märkte allerorts ..., Spekulatius und Marzipan ..., Glühwein unter Türme-Bläsern …, Edeltanne, Kugeln und Lametta ..., und die süßen Krippenspiele … all das findet 2020 nicht statt.
Heißt das aber, dass Weihnachten nicht stattfindet? Oder müsste man nicht besser sagen: die so schöne und ansprechende Verpackung findet nicht statt? … das was man so im Lauf der Zeit drumherum gemacht hat, das findet nicht statt. Und wenn das alles nicht stattfindet, was kommt dann zutage? Ist das nicht die Frage aller Fragen zum Weihnachtsfest: Wie viel Weihnachten ist eigentlich in „Weihnachten“ drin?
Lieber Gabriel, die Menschen da unten die haben da so ein altes Märchen. ‚Des Kaisers neue Kleider‘ nennen sie es. Der Clou der Geschichte ist, dass ein Kind den Leuten die Wahrheit über den großartig daher stolzierenden Kaiser sagt: ‚Der hat ja gar nichts an.‘ Die Geschichte könnte vielleicht auch eine Frage an all die Menschen sein, die jetzt die Frage umtreibt: Wie wird Weihnachten in diesem Jahr der Corona-Not.
Mein lieber Engel-Bote, ich habe einen Auftrag für dich: Steig noch einmal hinab in die Wohnungen der Erde und bring den Menschen dort das Evangelium von der Heiligen WeihNacht. Lies es ihnen vor und lausche in ihre Herzen hinein, ob und was es mit ihnen macht. Vielleicht ist es nur ganz wenig, aber wahrscheinlich ist es der An-Klang einer großen Gottessehnsucht. Die kann ohne die alte Verpackung vielleicht sogar klarer in den Blick kommen als mit dem großen Festtagsstress und -drumherum.
Dass „Weihnachten“ nicht stattfindet, das verkünde als die große Chance, in der reich beschworenen adventlichen Besinnungszeit mal ganz ehrlich darüber nachzudenken, was Weihnachten denn eigentlich feiert und was es jedem einzelnen bedeutet.
… Ach Gabriel, ich sehe dich schon stöhnen, weil du jetzt im Himmelsarchiv die alte Geschichte von der Heilhen WeihNacht suchen musst. Ich geb dir einfach gleich den Text, damit du dich nicht müde oder gar zu Tode suchst.
Und jetzt: fang schon mal an zu lesen. … und du solltest es ganz oft lesen, damit du selbst die Melodie neu klingen hörst und sie dein eigen wird.“
Aus dem Evangelium nach Lukas
2:1 In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen.
2 Dies geschah zum erstenmal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien.
3 Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.
4 So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.
5 Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.
6 Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft,
7 und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
8 In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.
9 Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr,
10 der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll:
11 Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.
12 Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.
13 Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach:
14 Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.
15 Als die Engel sie verlassen hatten und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Betlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ.
16 So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.
17 Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war.
18 Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten.
19 Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.
20 Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war.
Albert Altenähr