Die Farbe des Nebels
Es ist ein grauer Spätsommermorgen. Nebel verhängt die aufsteigende Sonne. Die Lust auf den Tag ist nicht mit mir aufgestanden. Feuchte kaltet durch das gekippte Fenster.
Die Träume gehen zurück zu sonnigen Tagen, zu Wärme, zu Begegnungen, die Freundschaft begründen. Der Traum nach vorne will nicht gelingen.
Ich werde aus dem Trott aufgeschreckt: „Eine Spinne hat am Radkasten des PKW vorm Haus eine wunderschöne Wegfahrsperre gebaut.“ Die feinen Fäden des Spinnennetzes sind behängt mit Perlentropfen. Sie glitzern im Nebelgrau.
Ob der Fahrer des Wagens das Kunstwerk der Spinne, der Morgenkühle und des Nebels entdecken wird? Wahrscheinlich nicht. Möglicherweise aber doch. Ich wünsche es ihm.
Ob das Spinnennetz die nächsten Stunden überstehen wird? Wohl kaum. Aber jetzt ist es da. Jetzt ist es schön. Jetzt entlockt es dem Nebelgrau die Farbe der Lächelns.
... und: ein anderer hat mich darauf aufmerksam gemacht! Im Stafettenlauf des Mitteilens der kleinen Freude hellt sich der Tag. Noch ist nicht Mittag, aber die Sonne hat inzwischen allen Nebel weggelacht.
Ergänzend dazu vielleicht ein Gedicht von Marie Luise Kaschnitz:
Auferstehung
Manchmal stehen wir auf
Stehen wir zur Auferstehung auf
Mitten am Tage
Mit unserem lebendigen Haar
Mit unserer atmenden Haut.Nur das Gewohnte ist um uns
Keine Fata Morgana von Palmen
Mit weidenden Löwen
Und sanften Wölfen
Die Weckuhren hören nicht auf zu ticken
Ihre Leuchtzeiger löschen nicht ausUnd dennoch leicht
Und dennoch unverwundbar
Geordnet in geheimnisvolle Ordnung
Vorweggenommen in ein Haus aus Licht
Abt Albert Altenähr OSB
2005-08-24