Ora et labora - Bete und arbeite
Das benediktinische Motto-Wort „Ora et labora - Bete und arbeite“ kündet von einem Rhythmus, aus dem heraus Leben gelingen kann. Es spricht von einem Spannungsbogen, der beides kennt: Die Anspannung und die Entspannung. Zugleich lädt das Motto ein, den Spannungsrythmus als wirklichen Rhythmus zu leben. Es ist nicht gut, bis zum Geht-nicht-Mehr der Erschöpfung die Anspannung zu praktizieren, um dann – weil nichts mehr geht – die Entspannung zu suchen. Wer erschöpft ist, wird sich nicht entspannen können. Er ist erschlafft, - hängt durch und herum. Erschöpfung ist nicht schöpferisch, - Entspannung dagegen sehr.
Bete! – Das ist Einladung zur Enspannung und in sich hineinzuhören. Es ist darüber hinaus Einladung, über das eigene Ich hinauszuhören. Es ist Wegweiser zu einem Turm, von dem aus ein Überblick über das Geschehen in der Ebene gewonnen werden kann. Es ist Mahnung, immer wieder einmal beiseite zu treten, um nicht im Abseits der Oberflächlichkeiten zu enden. Der alte griechische Philosoph und Naturwissenschaftler Archimedes formulierte des Hebelgesetz der Physik in dieser Perspektive: Gib mir einen Ort außerhalb der Welt und ich kann die Welt bewegen. Wer in seiner Arbeit aufgeht, sollte die Gefahr nicht unterschätzen, in ihr unterzugehen.
Arbeite! – Das ist Einladung, den Bogen wieder zu spannen. Es weist uns darauf hin, dass wir noch nicht im Himmel sind, - dass die Erde unser Arbeitsfeld ist, - dass wir nicht reiner Geist sind. Das Reich Gottes ist reine Schau, - reines Hören, - erfülltes Staunen. Wir aber sind auf dem Weg. Nur wer wandert/wandelt, wandelt sich. Wer sitzen bleibt, um nur noch zu hören, bleibt sitzen. Er verliert sich in sich selbst. Tu darum den entscheidenden ersten Schritt, das Gehörte zu leben. dann einen weiteren, - einen dritten usw. Lass keinen aus. Aber vor allem: tu den Schritt, der jetzt dran ist. Verschieb ihn nicht auf morgen. Nur so kommst du weiter. ... und du wirst Unerhörtes erleben.
Albert Altenähr OSB
2001-08-10