„Nacht der offenen Kirchen“, Aachen, 10. Oktober 2003. Impuls zur biblischen Lesung im Abendgottesdienst in der Abtei Kornelimünster.
Cantate Domino
„In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen. Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will. Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.“ (Matthäus 11,25–30)
Wir haben diesem Abend in unserer Kirche die Überschrift „Cantate Domino“ gegeben und wollten uns in das Geheimnis der Musik und speziell des gregorianischen Chorals einhören und einsingen.
Als biblische Lesung für diesen Gottesdienst haben wir jene Stelle aus dem Matthäus-Evangelium ausgewählt, die so ganz anders klingt als das übrige Evangelium dieses Evangelisten. Die Exegeten erkennen hier den meditativen Klang und die spirituelle Melodie wieder, die vor allem das Johannes-Evangelium prägen. Sie nennen unsere Verse die „johanneische Stelle“ des Matthäus. Worin zeigt sich dieser Johannes-Klang unserer Verse?
Jesus antwortet den Suchenden aller Zeit auf ihre Sehnsucht, Klarheit über Gott und Klarheit über den Weg zu ihm zu erhalten. Gott ist nicht verschlossen, - nein, er erschließt sich ... denen, die nicht die Wege der Eigenmächtigkeit und selbstherrlicher Weisheit und Klugheit gehen, sondern sich der Führung seines Sohnes wirklich anheimgeben. Wer sich in die Melodieführung von Jesu Leben einlauscht, und mit dem eigenen Leben den Melodiebogen des Lebens Jesu nachtastet, der wird stimmig werden, - kon-sonant mit Jesus. Sein Leben wird sich einklinken und damit einklingen in die Lebensmelodie Jesu. Er wird das „neue Lied“ lernen und so das neue Leben gewinnen.
Der heilige Augustinus hat das einmal so formuliert: „Ihr wollt Gott Lob singen? Seid , was ihr singt! Ihr seid was ihr singt, wenn ihr ein heiliges Leben führt“ – oder noch prägnanter: „Cantate oribus, cantate moribus – Singt mit dem Mund, vor allem aber: singt mit dem Leben!“ (Augustinus, Sermo 34)
Abt Albert Altenähr OSB
2003-10-10