Caravaggio, Das Mahl in Emmaus,
(1601, gemalt für Ciriaco Mattei – National Gallery, London)
Welch eindrucksvolle Emmausgeschichte!
Eine ganz ungewohnte Christusfigur, - ein Mann in jugendlichem Saft, bartlos, Wohlstand ausstrahlend. Die Jünger – bodenständig, lebensgezeichnet, sogar etwas abgerissen. Der Wirt – eher primitiv, distanziert, Kasse machend, eine billige Figur.
Auf dem Tisch – ein einfaches Herbergsessen? eine karge Pilgermahlzeit? Keineswegs, ja – alles andere. Edel ist der Tisch gedeckt. Eine feine Tischdecke. Gläserne Weinkaraffe, Weinglas, Tongeschirr mit feinem Dekor, ein gebratener Fasan. Wohlgebackenes Brot, kein simpler Aschefladen. Und erst die Obstschale! Reichst gefüllt, helle und dunkle Weintrauben, Granatäpfel. Einfach: mmmh!
Emmausabend, wie der Evangelist Lukas es uns eingezeichnet hat? Kaum. Ist dem Maler das Thema Emmaus aus dem Ruder gelaufen? Eine Gefälligkeitsdarstellung für den Palast des Auftragsgebers? Wie man halt 1600 Bibel malte? Möglich.
Vielleicht aber doch Bibel, ob sich nun Caravaggio dessen bewusst war oder nicht. Beste Bibel sogar. Lectio divina vom feinsten. Mit dem ahnenden Seherblick hinter den Horizont bloßer Kulturbeflissenheit.
Bei Jesaja lesen wir die Weitenvision des Mahles „Der Herr der Heere wird auf diesem Berg für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen ein Gelage mit erlesenen Weinen, mit den besten und feinsten Speisen, mit besten, erlesenen Weinen. Er zerreißt auf diesem Berg die Hülle, die alle Nationen verhüllt, und die Decke, die alle Völker bedeckt. Er beseitigt den Tod für immer. Gott, der Herr, wischt die Tränen ab von jedem Gesicht“ (Jes 25,6-8).
Caravaggio malt große Osterperspektive. Er malt Abendmahl, wie die Kirche es in ihrem Feiern sich vorausträumen lässt.
Albert Altenähr
2014-04-21