Das Weihnachten von Herrn Hase-ich-weiß-von-nichts
Gestatten, - so stellte er sich ganz formell dem Abbas vor – mein Name ist „Hase-ich-weiß-von-nichts“.
Ich habe da so ein angenehmes Plätzchen gefunden, … unter der Tanne, … wind- und feindgeschützt, ... und mit einem köstlichen Blick durchs Fenster auf euch Mönche, wie ihr in eurem Steingehäuse zu Tische sitzt. Spannend, so ein Einblick ins Kloster.
Ich liebe die Ruhe bei euch. Sie kommt mir zutiefst entgegen. So kann ich ausgiebig meditieren und mich in die Unendlichkeiten von Gott und Welt hineindenken. Sehr angenehm das.
Danke für das liebenswürdige Kompliment - antwortete der Abbas. Ich darf es erwidern: Wir bewundern deine Treue zu deiner Sasse unter der Tanne und die konzentrierte Ruhe, die du dort pflegst.
Hasen-Sasse vor dem Mönchs-Speisesaal
Aber ich habe an dich eine Frage. Heißt du wirklich „Hase-ich-weiß-von-nichts“?
So ist es! Aber – und er beugte sich weit zum Abbas hin und flüsterte ganz, ganz leise – sag es keinem weiter: das ist reine Tarnung. Ich weiß sehr viel, vielleicht sogar alles, … auf jeden Fall aber mehr als du denkst und ahnen kannst.
Ehrlich? - staunte der Abbas, und um seine Augen und Mundwinkel spielte ein skeptisches Lächeln. Kannst du mir das beweisen? Und wie kommst du zu diesem großen Wissen?
Schau mich nur mal genauer an, - sagte der Hase. Na, was siehst du? Augen, die groß und rund sind, … und immer offen. Wir nennen sie ganz stolz Seher. Wir haben nicht nur Seher, - wir sind Seher. Und dazu die doch wirklich langen Ohren! Nicht umsonst nennt man mich auch Meister Langohr. Ich bin ganz Ohr und Auge. Das ist es, was mich zu einem Wissenden macht, - zu einem Weisen vor dem Herrn.
Ich sehe und höre Weihnachten. … mmmh ...
Das nennst du Wissen und Weisheit? - prustete der Abbas. Das verrät doch jeder Kalender. Dazu brauche ich weder Seher-Augen noch Superohren.
Abbas-Mönchlein, - sagte darauf Herr Meister Langohr – du irrst. Du siehst nur ein Kalender-Datum mit Tannen-baum und viel Gedöns. Und viel-leicht erinnerst du dich auch noch an die ferne Geschichte mit der Krippe und den Schäfchen von vor 2000 Jahren, von dem das Kalenderfest ein Echo ist.
Ich aber sehe mehr: ich sehe das Weihnachten, das kommen wird, wenn er auf den Wolken kommt, - in Herrlichkeit. Und ich höre den ganzen Himmel singen: Ehre sei Gott in der Höhe. Neu sind Himmel und Erde. Das Reich Gottes ist da. Das macht mir die Ohren lang.
Ich sehe etwas, was du nicht siehst: Lies mal den allerletzten Vers des großen Psalmenbuches: „Alles was Atem hat, lobe den Herrn. Halleluja“ (Ps 150,6). Das ist das Weihnachten, in das ich mich hinüberhöre.
Mein lieber Abbas, versuch‘s doch auch mal selbst. Es lohnt sich.
Albert Altenähr
2020-12-04
PS: "Nihil obstat.
Allerdings vermute ich, dass der Meister Lampe (haltet euer Licht bereit!) eher mit dem Altabt gesprochen hat." (Abt Friedhelm)
Wo er Recht hat, hat er Recht. - fr.a.